Nina Gerhards

Bernd Kölle – Handwerkskunst

Ebenmäßig glänzende oder samtig-matte Blumenvasen, bauchig oder schmal, geschwungene Krüge, Tassen und Schalen: Um diese formschönen Gefäße selbst – mit den eigenen Händen – herstellen zu können, erlernte Bernd Kölle in der Töpferei der Winterhuder Werkstätten bei Gerd Breitbart das alte „Handwerk“ der Töpferei. Buchstäblich wird mit den Händen, unter Einsatz der Sinne und unter Einsatz sowohl starker als auch sanft arbeitender Hände, geformt. Wie weich oder hart ist der Ton, wie feucht oder trocken? Bernd Kölle hat ein feines Gespür, mit Ton zu arbeiten, entwickelt.

Durch das genaue Erlernen der anspruchsvollen Kunst des Handwerkers sind die Keramikarbeiten, die so unter den Händen von Bernd Kölle und seinen Kollegen in der Werkstatt entstehen, sehr ansprechend und handwerklich auf hohem Niveau angefertigt. Sie werden mit großer Sorgfalt und Genauigkeit geschaffen.

Viele der Stücke sind Auftragsarbeiten. Mit unterschiedlichen Glasuren bemalt, wird jede Arbeit zu einem Unikat. Die Töpferarbeiten werden in den Läden der Winterhuder Werkstätten verkauft und können mit der Präzision anderer Töpferarbeiten leicht mithalten.

Bernd Kölle – Expressive Kleinplastiken

Um eigene kreativen Gestaltungsideen umzusetzen und seine Fertigkeiten in der Töpferkunst stets zu erweitern, hat Bernd Kölle seit 1987 bei verschiedenen Keramikerinnen an intensiven Töpferkursen teilnehmen können. Zunächst bei Jeanette Paulus und Inge Lahr wird Bernd Kölle heute in besonderem Maße von der Künstlerin und Keramikerin Urte Reisgies künstlerisch begleitet. Sie erforscht mit ihrer Keramikkunst Polaritäten und Balancen, thematisiert Harmonie und Konflikt, spürt mit allen Sinnen unterschiedlichen „Tonräumen“ nach und schafft ein spürbares „Gegenüber“ mit ihren „Körperplastiken“, welche einem das Gefühl des Einsseins mit der Welt wahrnehmen lassen. In dieser künstlerisch fruchtbaren Atmosphäre kreiert Bernd Kölle seine eigene Kunst und formt den Ton zu ausdrucksstarken Kleinplastiken.

Die Seele zum Schwingen bringen

Bernd Kölles Werke sind unverkennbar expressiv: Räume werden aufgelöst, Perspektiven verzerrt, Körper werden auf einfache, ausdrucksstarke Weise reduziert. Schwungvolle, großzügige Formen verleihen den Tieren und menschlichen Gestalten Dynamik, lassen sie lebendig werden. Manche scheinen mit großen Gesten mit uns kommunizieren zu wollen, andere zeigen uns beinahe mit einem höhnischen Lächeln ihre gefletschten Zähne, schauen uns unverwandt aus ihren großen blauen Augen an.
Kontrastreich mit leuchtenden Farben bemalt, bekommen die Figuren einen besonders starken Ausdruck. Die Leuchtkraft der Farben kündet uns von den Kräften der Figuren: von ihrer physischen Stärke, ihren Leidenschaften und Emotionen, aber auch von ihrer Selbstsicherheit und von Vertrauen, von ihren möglichen Gedanken und spirituellen Welten. Der starke, standfeste Löwe, rot-leuchtend, scheint sich einen kühlen Kopf zu bewahren, ist nicht nur stark, sondern auch klug. Der handwerklich mit Raffinesse gestaltete Frosch sitzt wartend und gleichzeitig gespannt auf dem Stein. Die dicke, gefleckte Milchkuh scheint versonnen in sich zu blicken, sich an einen unbekannten Ort zu träumen.

Ein dreibeiniger Mann reckt in theatralischer Geste seine Arme. Was fühlt er, wohin schaut er mit seinem geheimnisvollen dritten Auge auf dem Kopf? Ein anderer streckt voller Lebenslust und Freiheit die Arme aus, lacht uns ungezwungen entgegen. Bernd Kölle eröffnet uns mit seiner Kunst rätselhaft-verschleierte Einblicke in innere Welten und erzählt uns mystische Geschichten, indem er dem Ton mit seinen Händen seine Seele einhaucht.

Der ruhende Pol, der sichere Ort
Auf den Vasen und Tellern von Bernd Kölle findet man sehr oft das Motiv Haus und Garten. Blumen blühen, von den alten Bäumen regnet es Blüten, an anderen wachsen Kirschen. Die Sonne strahlt hoch am Himmel oder senkt sich zu einem glühenden Sonnenuntergang. Symbolisch versteckt, und doch ganz klar, zeigt sich uns die Sehnsucht nach Sicherheit, Geborgenheit und der Wunsch nach Ruhe und dem Einssein mit sich und der Welt.

Nina Gerhards
Studium an der Universität Kassel
M.A. Erziehungswissenschaft, Psychologie und Kunstgeschichte
Lehrbeauftragte im FB Humanwissenschaften und am Zentrum für Lehrerbildung, Universität Kassel
Tiefenpsychologische Beraterin für Kinder und Jugendliche


Gert Breitbart

Bernd Kölle arbeitet seit 1977 in der WFB am Stadtpark. Anfangs in der Verpackungsgruppe tätig, ist Bernd seit 1987 in der Töpferei der Winterhuder Werkstätten beschäftigt.

In Bernds Töpfergruppe gibt es 10 Mitarbeiter, etwa gleich viel männliche wie weibliche.

Unter Anleitung eines erfahrenen Gruppenleiters, der sich als Kunsterzieher früher selber in das Handwerk einarbeiten musste, gestalten die Töpfer hauptsächlich Becher, Vasen, Schalen und Krüge in Aufbautechnik:
Die Gefäße werden, beginnend mit dem ausgewalzten Tonboden, sozusagen dem Fundament, Schicht auf Schicht oder Wulst auf Wulst hochgebaut. Dabei kommt zwischen jede Schicht Tonschlicker als Kleber. Je nach gewünschtem Produkt formen die Töpfer die Schichten nach außen oder innen, um z.B. eine bauchige Vase herzustellen. Zum Abschluss werden die Gefäße noch einmal vom Gruppenleiter an der Töpferscheibe nachgeglättet.

Bernd hat sich in seiner Laufbahn als besonders fleißiger und kreativer Töpfer immer mehr Geschick angeeignet.

  1. So formt er nicht nur Vasen und Becher, sondern ist Spezialist für Stövchen, Filtertütenhalter und eckige Pflanzgefäße, alles Teile, die komplexere Arbeitsschritte erfordern. Es müssen z.B. bestimmte vorgefertigte Teile in einer bestimmten Reihenfolge zusammengesetzt werden. Für solche Arbeit benutzt Bernd Schablonen.
  2. Bernd hat auch Spaß an der Gießkeramik. Hier muss Bernd besonders den technischen Ablauf mit ganz genau vorgegebenen Arbeitsschritten wie Umrühren der Gießmasse, Einhalten der „Standzeiten“ und die späteren Nacharbeiten beachten, damit auch wirklich am Ende eine schöne Glocke entsteht.
  3. Und zum „Austoben“ töpfert Bernd freie Figuren aus der Tierwelt nach seiner Phantasie. Das sind dann z.B. „Elefant Emilio“ oder „Vogel Hildegard“ oder Tiere nach Wunsch und Auftrag.

Bernd ist so etwas wie ein „Urgestein“ in unserer Töpferwerkstatt. Er hilft mit seinen Fachkenntnissen und seinen jahrelangen Erfahrungen gerne den Kollegen oder auch Neueinsteigern. Mit seiner witzigen humorvollen und unterhaltsamen Art hält er die Gruppe immer wieder bei Laune.

Wenn Sie neugierig geworden sind, auch was und wie Bernds Kollegen töpfern, gucken Sie doch gerne mal rein in unsere Werkstatt am Südring. Wir produzieren auch nach Ihren Wünschen und Ihrem Auftrag. Ein kurzer Anruf vor einem Besuch wäre schön.
Gerd Breitbart

Gert Breitbart
Studium an der Hochschule für bildende Künste Hamburg
und Universität Hamburg, 1. und 2. Staatsexamen,
seit 1987 Gruppenleiter der Töpferei am Südring / Winterhuder Werkstätten
seit 2011 Elbe-Werkstätten GmbH


Urte Reisgies

Hommage an Bernd

Bernd weiß was, was nur er weiß – woher?
Bernd kann was, das kann nur er – wir alle würden es gern können …
Bernd teilt gern und Bernd teilt gern mit, doch kann er´s nur vage erklären. Sprechen wir denn eine gemeinsame Sprache? Ja und nein, sage ich dazu.

Bernd formt und Bernd malt, dass es eine Freude ist. Sehen Sie selbst! Seit dem Tag, an dem wir uns vor vielen Jahren (Bernd kann es auf den Tag genau sagen) kennen gelernt haben, sind unzählige Körper, Beine, Augen, Krückstöcke, goldene Kronen, Zähne und Zähnchen in seinen Händen entstanden.
Er hat sie vermischt zu einzigartigen Krokodilen, Teebechern, Tanten, Ziegen, Teekannen, Vogeltränken, Löwen, Onkeln und Wölfen … und hat ihnen Leben eingehaucht mit wunderbar leuchtenden Farben
– und Bernd hat seine Werke benannt: Ich freue mich sehr, dass ich die Ehre hatte, „Dreibein-Onkel-Heini“ zu begegnen, den mit dem dritten Auge, oder „Krokodil Emilio“, das auf mich aufgepasst hat, als Bernd nicht da war.
Alles findet sich in allem. Es scheint ein Gesetz zu geben, doch das kennt nur Bernd.
Gern zeigt er, gern nimmt er Ihr Lob entgegen und gern wird er Ihnen sagen, dass auch Sie etwas gut gemacht haben – das kommt von Herzen, so ist er.

Bernds Welt ist frisch und hell, farbenfroh, ansteckend optimistisch – aber, Bernd braucht Frieden, Menschen wie Bernd brauchen Frieden, wir alle brauchen Frieden, sonst war´s das mit der Fröhlichkeit.

Und nun, lieber Bernd, gratuliere ich Dir auf‘s Herzlichste zu Deinem 50sten Geburtstag! Mögen viele Menschen die Freude an den Dingen, die Du geschaffen hast, in Deiner Ausstellung hier teilen!

Deine Urte

Urte Reisgies
Studium an der Hochschule für bildende Künste Hamburg
Schwerpunkt: Keramik, Fotografie und Architektur
Ausstellungen im In- und Ausland
Seit 1993 eigenes Keramikatelier in Hamburg